Georg Gerster (1928 – 2019)

Geboren am 30. April 1928 in Winterthur (Schweiz). Daselbst altsprachliches Gymnasium. Studium der Germanistik und Anglistik an der Universität Zürich mit Promotion. 1950-56 Wissenschaftsredakteur der Zürcher WELTWOCHE. Seit 1956 freier Publizist mit den Arbeitsschwerpunkten Wissenschafts-Reportage und Flugfotografie. Ausgedehnte Reisen auf allen Erdteilen, Antarktis inbegriffen.

Entlang dieser Motivkette entwickelte Gerster die Luftaufnahme zum Flugbild – im Glücksfall zu einem meditativen, philosophischen Werkzeug, zu einem Instrument der Besinnung. Seine Sehweise hat Schule gemacht und Nachahmer auf den Plan gerufen. Gerster tröstet sich bei dem Gedanken, dass Plagiat noch immer die ehrlichste Form der Schmeichelei ist.

Seine Flugbilder auf Plakaten und Wandkalendern der SWISSAIR prägten während zwei Jahrzehnten den optischen Auftritt der Fluggesellschaft wesentlich mit.
Er war regelmässiger Mitarbeiter der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG und des NATIONAL GEOGRAPHIC MAGAZINE, Washington DC. Heute schreibt er für Journal21. Auch sind seine Flugbilder bei Kunstsammlern bekannt und in verschiedenen Kunstsammlungen anzutreffen.

Entstehung der Bilder

Kein Spaziergang

Da sitzt er bequem in seinem Hubschrauber und bummelt durch die Welt – zugegeben: gelegentlich ist es recht turbulent, immer etwas windig, mit offenem Fenster oder ohne Türe, manchmal etwas kalt, ab und zu sogar bitterkalt – aber was für ein Beruf!

Das Bild könnte einen falschen Eindruck erwecken. Flugfotografie ist kein Spaziergang ohne Tränen. Ein geeignetes Flugzeug muss gefunden und gemietet werden. Bewilligungen müssen eingeholt werden. Selbst im dritten Jahrtausend tun viele Länder so, als ob nicht  Satelliten ständig jeden Quadratmeter Erdboden im Auge hätten; ein Flugfotograf wird allzu schnell als Spion verdächtigt und darf sich oft mit Sicherheitsbeamten an Bord auseinandersetzen. Das Wetter muss mitspielen und der Turm sollte um die Zeit besetzt sein, wenn die günstigsten Aufnahmebedingungen herrschen, im Klartext: früh morgens oder spät abends – bei kleineren Flugplätzen keine Selbstverständlichkeit. Ehe man aufsteigen kann, fällt also Arbeit am Boden an. Und nicht zu wenig. Unter Umständen geht sie sogar während des Flugs weiter.

Georg Gerster erinnert sich:

„Ich wollte in Ohio den Grossen Schlangenhügel aufnehmen, das Erdbild einer vorkolumbischen indianischen Kultur. Auf dem Weg nach Hawaii machte ich in Columbus, Ohio, einen Zwischenhalt. Der Januartag war kalt, der kälteste seit Menschengedenken, gegen 30 Grad Celsius unter dem Gefrierpunkt. Meine Kleidung war aber ganz auf Pazifik eingestellt. Sogar das Flugzeug musste vor dem Start im Hangar aufgewärmt werden. Schliesslich waren wir in der Luft. Die Grosse Schlange ringelt sich fast einen halben Kilometer lang in einem kleinen Flusstal. Aber der Pilot fand sie trotz ihrer Grösse nicht. Ich war verzweifelt, das war meine einzige Chance, und ich wollte sie keinesfall verpassen. Ich beschwor den Piloten, auf einem Acker in der Nähe eines Bauernhofs zu landen. Das war natürlich illegal, aber der Pilot gab zuletzt nach und setzte das Flugzeug auf einem Feld ab. Ich stieg aus – in den klirrenden Winter Ohios, in Halbschuhen und Strassenkleidung für Hawaii. Die Entfernung zum Bauernhaus war grösser als aus der Luft geschätzt. Ich stolperte über eisige, verschneite Schollen und kam halb erfroren beim Haus an. Auf mein Klopfen öffnete die Farmersfrau. Meine Lippen waren klamm. Ich konnte gerade noch stammeln: „Hallo. Ich suche die Grosse Schlange“. Sie starrte mich an. In ihren Augen konnte ich lesen, dass sie überzeugt war, eine Begegnung der Dritten Art zu erleben…. Vor ihr stand ein Marsmensch, ein Ausserirdischer erwies ihrem Hof die Ehre, ET war nach Ohio gekommen. Erst als sie sich vergewissert hatte, nur ein frierendes Wesen ihres Planeten vor sich zu haben, gab es heisse Suppe und die gewünschte Auskunft.

 

 

 

 

 

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Auszeichnungen

  • Die Goldene Blende, Deutschland, 1973
  • Ehrengabe Des Kt. Zürich, 1974
  • Prix Nadar, Paris 1976
  • Pictures Of The Year Competition, Columbia, Mo./USA, 1976 (1 First, 1 Second)
  • World Understanding Through Photography, Special Recognition, 1976
  • Anerkennungsgabe Der Stadt Winterthur, 1977
  • Zürcher Journalistenpreis, 1984